Archiv der Kategorie: Burkina Faso

Projekt Poin: Das Fundament

Diese Woche hat der Bau der Gebäude des Kleinspitals Poin begonnen. Das Fundament wird sowie die Ziegel werden betoniert. Hier die Fotos (man beachte auch die unterschiedliche Vegetation zu den Fotos aus der Regenzeit!):

Ein Mitglied des Kontrollkommittees überprüft die Fundamenttiefe des Kleinspitals:

Freiwillige aus den Dörfern stellen Wasser für die Betonarbeiten bereit:

Die umliegenden Dörfer stellen Baumaterial (Steine, Sand, Wasser) und Arbeitszeit in etwa der Höhe von 15% der Kosten zur Verfügung (Kofinanzierung Laafi + Dorfgemeinschaften):

Der Vorstand des Laafi-Partnervereins KASSAN im Gespräch mit dem Kontrollkommittee der Dörfer über die Bauausführungskontrolle:

So wirkt das Projekt Poin

Die UNO hat zur Jahrtausendwende 8 Ziele für das Jahr 2015 formuliert, die sogenannten Millennium-Entwicklungsziele.

Im Zuge einer Projekteinreichung wurde uns erst bewusst, wie sehr das Kleinspital in Poin alle diese 8 Ziele unterstützt (naturgemäß in erster Linie die Ziele 3 bis 6, aber auch darüber hinaus: Besonders das Ziel 8, das von „Partnerschaft“ handelt, beschreibt unsere Arbeitsweise überraschend gut):

Ziel 1: Bekämpfung von extremer Armut und Hunger

Das Kleinspital Poin bietet Zugang zu staatlich subventionierten Programmen:

  • Impfungen
  • Medikamente
  • Entbindungen

In der argrarischen Bevölkerung führen Krankheit, niedrige Lebenserwartung und hohe Muttersterblichkeit oft dazu, dass für das Ãœberleben der Familie wichtige Arbeitskräfte ausfallen. Armut und Hunger sind eine direkte Folge mangelnder Gesundheitsversorgung.

Fakten: 20,3% der burkinischen Bevölkerung lebt von weniger als $1,25 pro Tag. Die aktuelle Nahrungskrise 2012 in Folge des zuletzt massiv ausgebliebenen Regens ist insbesondere für die gesundheitlich Angeschlagenen sowie für Kinder lebensbedrohlich.

Ziel 2: Primärschulbildung für alle

Das Dorf Poin verfügt nur über drei von sechs Grundschulklassen, das kann auch das Kleinspital nicht ändern. Doch viele Kinder können auch diese nicht besuchen, da sie aufgrund von Krankheit der Eltern den landwirtschaftlichen Betrieb betreuen müssen.

Fakten: Nur 63,3% der burkinischen Kinder besuchen die Grundschule.

Ziel 3: Gleichstellung der Geschlechter, Stärkung der Rolle der Frauen

Die Geburtenstation Poin nimmt eine wesentliche Rolle in der Aufklärung der Bevölkerung in Sachen Verhütung, Familienplanung und Verhinderung der Beschneidung von Mädchen ein. Neben Entbindungen und Mutter-Kind-Beratung sind Sensibilisierungsveranstaltungen in den Dörfern die Hauptaufgabe der staatlichen Hebamme.

Fakten: 23,2% aller burkinischen Mädchen werden vor ihrem 20. Lebensjahr Mutter. Nur 17,4% der Frauen setzen Familienplanung ein.

Ziel 4: Senkung der Kindersterblichkeit

Durch die Impfkampagnen des Kleinspitals Poin, durch deutliche Reduzierung von Hausgeburten, durch Zugang zu Medizin und durch die Aufklärungskampagnen des medizinischen Personals in Sachen Säuglingshygiene, Malariaprävention, etc. wird die Kindersterblichkeit der bislang unversorgten Region innerhalb weniger Jahre auf Landesdurchschnitt oder darunter senkbar sein.

Fakten: Die Kindersterblichkeit liegt im Landesdurchschnitt bei 17,6%, in der Region Poin dürfte sie mangels Gesundheitsversorgung sehr deutlich darüber liegen. (Es gibt keine Zahlen dazu.) Das Millenniumsziel lautet 3,5% oder darunter.

Ziel 5: Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Mütter

Die Geburtenstation Poin bietet erstmals fachgerechte Entbindung sowie Betreuung während der Schwangerschaft und Stillzeit.

Fakten: Das Risiko der Müttersterblichkeit liegt landesweit bei sehr hohen 3,6%, ein Wert der mit der hohen Zahl an Hausgeburten in hygienisch schwierigen Verhältnissen sowie mit der hohen Kinderanzahl – die wiederum auch eine Folge der Kindersterblichkeit ist – erklärbar ist.

Ziel 6: Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten

Das Kleinspital in Poin sorgt für Aufklärung und Bewusstseinsbildung, bietet Zugang zu Mosquitonetzen für Säuglinge, führt HIV-Schnelltests durch und gibt Ersatzmilch an HIV-positive Mütter aus.

Fakten: Die HIV-Durchseuchung liegt landesweit bei 1,2%, ein Wert der nicht zuletzt durch die Arbeit von Kleinspitälern in den letzten Jahren sehr stark gesunken ist (2000: 6,4%). 43 von 100 Einwohnern hatten im letzten Jahr Malaria.

Ziel 7: Ökologische Nachhaltigkeit

Das Ziel 7 umfasst insbesondere das Thema „Wasser“: Die Zahl der Menschen weltweit, die über keinen nachhaltigen Zugang zu gesundem Trinkwasser verfügen, soll bis 2015 um die Hälfte gesenkt werden. Der Spitalsbrunnen in Poin bietet allen Patienten, werdenden Müttern und ihren Angehörigen, sowie den Bauersfamilien in der Nachbarschaft Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Fakten: 21% der Bevölkerung Burkina Fasos hat akut keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Ziel 8: Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung

Das gesamte Projekt wird in Form einer Partnerschaft mit der lokalen Bevölkerung abgewickelt. Diese trägt Baumaterialien (Steine, Wasser, Sand) und unqualifizierte Arbeitskraft im Wert von €10.080 (nach den Kostenvoranschlägen der Baufirmen berechnet) bei. Durch diese Partnerschaft zwischen österreichischen und lokalen Finanziers ist eine hohe Identifikation in der Bevölkerung gewährleistet. Das Gefühl des Almosen-Empfangens wird vermieden.

Wie nachhaltig ist das Projekt Poin?

Wenn wir um Spenden oder Mitarbeit werben, leiden wir ein bisschen unter den Standards, die in der „Entwicklungshilfe“ von diversen Organisation gesetzt werden: Zum Einen tränengefüllte, ausgemergelte Kinderaugen, die auf Postwurfsendungen um Spenden betteln, zum anderen Projekte, die durch Missmanagement oder falsch verstandenes Mitgefühl Projekte in den Sand setzen und damit Geschenkmentalität (dort) und berechtigtes Misstrauen (hier) erzeugen.

Darum ist Skepsis angebracht, und auch wir sollten immer wieder gefragt werden, wir wir’s mit Nachhaltigkeit, sozialer Verträglichkeit oder lokaler Wertschöpfung halten. Robert Lender hat uns anlässlich des Projekts Poin eine solche Frage gestellt. Er hat in Kenia ein von einer österreichischen Organisation finanziertes Krankenhaus besucht, war erschüttert und fragt uns jetzt zu Recht danach, wie nachhaltig das Projekt Poin ist:

Die Ärzte sind lieber bei Privatpatienten, die Waschmaschinen sind kaputt und auch die restlichen sanitären Zustände sind nach einigen Jahr so etwas – ich muss es sagen – zum „Kotzen“, dass ich wirklich erschüttert inmitten des Spitals stand.

Vielleicht magst du noch ein wenig darstellen, wie die Organisation des Spitals weiter abgesichert bleibt. Ich weiß, kein Projekt ist hunderprozentig sicher – und wenn sich die Lage, die politischen Verhältnisse, etc. ändern ist sowieso alles anders. Mich würde einfach interessieren, wie es mal prinzipiell gedacht ist – und vielleicht ist das für den einen oder die andere auch ein Hinweis auf die „Nachhaltigkeit“ des Projekts.

Unsere Prämisse in Projekten wie Poin ist, dass das Projekt ohne uns und nach uns funktioniert. Aus dem Grund lassen wir die Finger von privatmedizinischen Projekten, wie sie viele zb. kirchliche Einrichtungen machen (und die auch gewisse Vorteile bieten). Das Kleinspital Poin ist ein CSPS (Centre de Santé et de Promotion Sociale), eine vom Gesundheitsministerium vorgegebene Struktur. Seit 1999 existiert eine Genehmigung für den Standort Poin. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Staat medizinisches Sanitätspersonal und eine Hebamme beistellt, sobald die Struktur steht. Die Tarife für Behandlungen und Medikamente sind staatlich vorgeben (z.B. ca. €0,15 für eine Behandlung), ebenso die Einkaufspreise für Medikamente. Das Hilfspersonal (zwei angelernte Helfer, ein Apotheker, ein Nachtwächter) und sonstige Kosten werden aus den resultierenden Einnahmen bezahlt. Für den Betrieb der Struktur ist ein von der Bevölkerung gewähltes „Comité de Gestion“ verantwortlich, das dem Staat und uns Rechenschaft ablegt. Dieses Setup ist ein Modell der WHO („Bamako Initiative„) und in ganz Afrika im Einsatz.

Wir arbeiten beispielsweise seit etwa 12 Jahren im Dorf Sane mit dem dortigen Kleinspital zusammen (wir haben dort unter anderem den Brunnen, zwei Personalwohnhäuser und die Solaranlage finanziert). Bis auf ein Mal, wo der Apotheker Geld aus der Kassa stahl und die Apotheke in der Folge mangels Kapital leer war (siehe „Laafi macht Fehler“ – Punkt 3), haben wir uns aus den laufenden Kosten rausgehalten und uns auf Investitionen konzentriert, die die Frequenz und Qualität der Struktur erhöht haben. Der Betrieb des Spitals war von diesem einen Mal abgesehen nie von uns abhängig.

Durch unser Ko-Finanzierungsmodell (zwischen 10% und 25% des Projektvolumens kommt in Form von Sachleistungen von der Bevölkerung) verstärken wir lediglich die Umsetzungskraft der lokalen Projektpartner, damit ist die gefühlte „Ownership“ in lokaler Hand. Außerdem verbieten wir uns eigene Umsetzungskonzepte, um europäische Lösungen für afrikanische Probleme zu vermeiden. Alle unsere Projekte sind auf lokalübliche Art umgesetzt und in lokale (und staatliche) Strukturen eingebunden. Das trifft auf sehr viele privatmedizinische Projekte im Sahel (die dafür mit gratis Gesundheitsversorgung werben können) nicht zu. Sie sind immer von Geldgebern abhängig.

Natürlich kommt es immer wieder zu Problemen. Wenn der Staat beispielsweise komplett unwilliges Personal schickt (kommt vor), unfähige Leute ins Comité de Gestion gewählt werden oder sonstige Probleme auftauchen, kann das Vertrauen der Bevölkerung in das Spital leiden und die Frequenz sinken. Auch wenn wir den Standort in erster Linie nach seinen funktionierenden Organisationsstrukturen und dem Verein „Kassan“ als Projekt-Peer (mit dem wir viel gute Erfahrung haben) ausgesucht haben, ist es leider äußerst unwahrscheinlich, dass solche Probleme in Poin in den nächsten 20 Jahren ausbleiben.

Wir besuchen unsere Projektstandorte mehrmals pro Jahr (in der Bauphase natürlich noch öfter), oft unangemeldet, und kontrollieren die Bücher, Kassenstände und Behandlungsstatistiken und reden mit Patienten. Bewegliche Teile wie die Solaranlage verbleiben in unserem Eigentum und können als letzte Konsequenz abgezogen werden. Das wissen die Projektpartner, und wir haben das auch schon gemacht. Gleichzeitig wissen die Projektpartner, dass sie ihre auch vertraglich fixierten Pflichten erbringen müssen, wenn wir uns weiter engagieren sollen. Auf diese Art ist es uns bis jetzt immer gelungen, problematische Projekte wieder zurück auf Schiene zu bringen. Das erfordert viel Zeit und Hartnäckigkeit, und oft auch Härte, aber das ist unser Arbeitsstil.

Lieber Robert, ich hoffe, diese Antwort überzeugt dich, dass wir uns über das Thema Nachhaltigkeit Gedanken gemacht haben!

Projektbudget 2012 steht

Das Budget des Vorjahres haben wir fast auf Punkt und Beistrich eingehalten, jetzt steht das Budget für 2012. Es ist das mit Abstand ambitionierteste unserer Vereinsgeschichte, da wir vorhaben, im Dorf Poin eine Krankenstation komplett neu zu bauen. Allerdings sind wesentliche Punkte des Budgets „Ansparung“, das heißt, wir werden nicht alle dieses Jahr ausfinanzieren können. (Wir probieren es dennoch!)

Das 3. Personalhaus in Sané ist fertig!

Update: Das Gebäude ist jetzt verputzt und ganz fertig, siehe Fotos auf Facebook!

Aus Burkina erreicht uns eben eine erfreuliche Nachricht: Das dritte Wohnhaus für medizinisches Personal im Projektdorf Sané ist fertig und zur Zufriedenheit abgenommen! Wir haben die Baukosten in der Höhe von €8.900 zu 79% finanziert (planungsgemäß), der Rest wurde von den umliegenden Dorfgemeinschaften aufgebracht.

Nun wird der Staat zusätzlich zum Stationsarzt und der Krankenschwester einen weiteren Stationsarzt schicken, das Gebäude ist dafür definierte Voraussetzung. Der zweite Stationsarzt ist besonders wichtig, da die Krankenstation Sané während Hausbesuchen und Impfkampagnen in den Dörfern bislang immer unbesetzt war. Wenn Kranke viele Kilometer Fuß- oder Radweg auf sich nehmen und dann die Krankenstation verschlossen vorfinden, ist das ein häufiges Problem, das mit dem zweiten Arzt gelöst wird. Wir erwarten durch eine Frequenzsteigerung eine wesentliche Verbesserung der Gesundheitsversorgung der 13.000 Menschen im Einzugsgebiet.

Oben: Hier werden die Ziegel betoniert. Im Hintergrund:

  • Die Geburtenstation (rechts)
  • Die Krankenstation und die Apotheke (Mitte)
  • Der von uns finanzierte Pumpbrunnen (Mitte, kaum zu sehen)
  • Das von uns finanzierte Wohnhaus der Hebamme (links)
  • Das Wohnhaus des Stationsarztes (links außerhalb des Bildes)

Oben: Die Fundamente werden gelegt.

Oben: Letzte Arbeiten.

Fertig!

Nach dem Hebammen-Haus in Sané (2001) und Personalhäusern der Krankenstationen Tiessourou (2009) und Beun (2010) ist das nun das vierte von Laafi finanzierte Haus dieser Art. Die dadurch erzielbaren Frequenzsteigerungen der Krankenstationen machen solche Projekte besonders effektiv, auf das eingesetzte Geld und die Nutzungsdauer gerechnet.

Hier noch Kostenvoranschlag..

und Bauplan:

Jetzt hoffen wir, dass der Sanitätsdistrikt seine Zusage einhält und bald einen zweiten Stationsarzt schickt!

Kein Fortschritt in Afrika – von wegen!

„Es gibt keinen Fortschritt in Afrika. Es gibt nicht mal Statistiken zu Afrika, um zu wissen, was eigentlich los ist.“ Der wunderbare Hans Rosling zeigt in einem mitreißenden Vortrag, wie falsch dieses Vorurteil ist – und wie gut Afrika besonders im Bereich der Gesundheitsversorgung eigentlich unterwegs ist. Wir sehen die Fortschritte bei jeder unserer Projektreisen – hier ist die statistische Untermauerung. Absolut sehenswert: