Alle Beiträge von Helge Fahrnberger

Tamtam in Ouaga

Bereits seit Februar dieses Jahres sollte unser Aidshaus Ouagadougou in Betrieb sein, doch leider sprangen alle Vermieter wieder ab, als sie hörten, dass Aidspatienten in ihren Häusern untergebracht werden sollten. Worauf unsere Projektpartner vor Ort jetzt an die Öffentlichkeit gegangen sind, um diesen Missstand anzuprangern: SIDA au Burkina : Des bailleurs refusent de louer leur maison aux malades. Und wie’s aussieht, hat sich mittlerweile ein möglicher Vermieter gemeldet. Der Aufschrei ist auch gleich ein Teilerfolg für unser Projekt, denn unser Projektziel ist es, es der burkinischen Gesellschaft zu erschweren, AIDS zu verdrängen.

Burkina hungert wegen den USA

Die neuesten Zahlen der UNO zeigen, dass die (eh schon viel zu niedrigen) Weltmarktpreise für Baumwolle in den letzten beiden Jahren von umgerechnet 32c auf 25c pro Kilo gesunken sind.Die Hälfte der 12 Mio Einwohner Burkina Fasos lebt direkt oder indirekt von Baumwolle. Doch die Baumwollfarmer tun sich aufgrund des Weltmarktpreises immer schwerer, ihre Familien durchzubringen. Der Grund dafür liegt bei den USA, die ihre 25.000 Baumwollfarmer mit jährlich $4,5 Mrd. (immerhin $180.000 pro Farmer) subventionieren. Pech für Burkina Faso, dass Baumwolle das Einzige ist, das sich exportieren lässt.

Geplantes Projekt: AIDS-Haus Ouaga

Bei unserer diesjährigen Projektreise wurde eine Projektidee an uns herangetragen, die einigen unserer üblichen Projektkriterien widerspricht: Das Projekt ist nicht im ländlichen Raum, ist nicht nachhaltig (zumindest nicht im direkten Sinne des Wortes), hat zwar mit Gesundheit, aber nicht mit Heilung zu tun und die Aufwände bestehen fast zur Gänze aus laufenden Kosten: Eine Notschlafstelle für AIDS-Kranke in der Hauptstadt Ouagadogou.

Die Idee kam von einem Verein von AIDS-Kranken, gegründet ausschließlich von Betroffenen, die sich in der Ausgabestelle von Anti-Retrovir-Medikamenten, die Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Ouaga betreiben, kennengelernt haben. Sie führen mit Hilfe dieser Medikamente ein großteils normales Leben – zum Teil viele Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit – und stehen im Berufsleben. In der burkinischen Gesellschaft stellen sie eine seltene Ausnahme dar, denn sie stehen öffentlich zu ihrer Krankheit, und ihr berufliches und privates Umfeld ist voll informiert. AIDS-Kranke in Burkina Faso werden sehr oft von ihren Familien und Arbeitgebern verstoßen und damit obdach- und arbeitslos. Vor der Medikamentenausgabestelle in Ouaga hausen viele solcher Betroffenen im Freien. MSF selbst kann diesen Menschen aufgrund ihrer Statuten, die nur ambulante Behandlung erlauben, nicht helfen. Durch mangelhafte Ernährung und die hygienischen Bedingungen der Obdachlosigkeit haben sie wenig Chance, die körperliche Belastung, die eine Anti-Retroviren-Therapie mit sich bringt bis sich der Körper darauf einstellt, zu überleben. Die Projektidee, mit der dieser Verein an uns herangetreten ist, ist einfach: Ein in der Nähe der Ausgabestelle gelegenes AIDS-Haus, das 30 Menschen eine Notunterkunft mit täglicher Essensausgabe sowie dem Verein einen Raum für Zusammenkünfte und Sensibilisierungsmaßnahmen bietet. Die Auswahl der Betroffenen sowie ihre medizinische Überwachung würde MSF übernehmen und ein Aufenthalt endet bei der Erreichung eines stabilen Gesundheitszustandes, in jedem Fall aber nach maximal 2 Monaten, denn für jeden Platz wird es eine große Zahl an Anwärtern geben – die Kriterien müssen also hart sein. Derzeit verhandeln wir (über Email und durch unsere beiden permanenten Projektpartner vor Ort) mit Ärzte ohne Grenzen und dem AIDS-Verein über Rahmenbedingungen und Kontrollmechanismen für eine 2-jährige Testphase, es ist also noch nicht final entschieden, ob es das Projekt überhaupt geben wird.

Die jährlichen Kosten sind – für Laafi-Verhältnisse – hoch: € 8300 für Lebensmittel, € 2100 Miete und € 1000 für drei Gehälter (Koch, Betreuer, Wächter). Dazu kommen noch € 1600 an Anfangsinvestitionen. (Man stelle sich allerdings vor, was es in Europa 11.000 Mahlzeiten, drei Mitarbeiter und eine Unterkunft für 30 Personen kosten würden.)

Auch wenn hier „lediglich“ das Leben von unheilbar Kranken verlängert wird, ist der Impact beträchtlich: Hunderte Menschen erhalten die Möglichkeit, über Jahre ein normales Leben zu führen und an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren, vor allem aber auch „von innen“ die afrikanische Gesellschaft zu verändern: Sie stehen zu ihrer Krankheit und tragen so zum öffentlichen Bewusstsein (und damit zur Bereitschaft Kondome zu verwenden) bei. Denn solange AIDS-Kranke kurz nach dem Ausbruch der Krankheit sterben, und das noch dazu scheinbar nicht an AIDS sondern an irgendeiner Infektion, bleibt eine Ansteckung mit HIV eine theoretische, nur aus den Aufklärungssendungen des staatlichen Radios bekannte Bedrohung. Und solange AIDS-Kranke auf der Straße landen, bleibt auch die Therapie von MSF ohne Wirkung. Als erfreulicher Nebeneffekt bietet das Gebäude obendrein Raum für Aufklärungsveranstaltungen, die der Verein in Selbstorganisation – derzeit zum Teil im Freien – durchführt.

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende oder einem Dauerauftrag! Sollte das Projekt nicht zustande kommen (was nicht unwahrscheinlich ist, denn unsere Anforderung an die Projektpartner sind streng), und Sie ihre Spende nicht in die anderen Laafi-Projekte fließen lassen wollen, überweisen wir den Betrag an ihr Konto zurück (diesen Wunsch bitte im Zahlungszweck notieren)